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Gathmann Michaelis und Freunde | Detail

Rikscha und Kicker statt Podium - Freie Wohlfahrtspflege NRW bringt Landtagskandidat*innen und Jugendliche kreativ miteinander ins Gespräch

Anja Butschkau (SPD) fuhr mit Alex (17) in der Rikscha, Jens Kamieth (CDU) und Volkan Baran (SPD) traten am Kicker gegeneinander an. Wobei die Konzentration der beiden Landtagskandidaten ein bisschen unter den Gesprächen mit ihren jugendlichen Mitspielern litt. Kreative Wege ging die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW vor der Wahl, um im Bernhard-März-Haus der Caritas Dortmund Politiker*innen und junge Erwachsene zum Thema „Jugend braucht Chancen“ miteinander ins Gespräch zu bringen. Ein gelungenes Experiment im Vergleich zu den üblichen Podiumsveranstaltungen, so fasste es Ulrich Reuter (FDP) für alle teilnehmenden Kandidaten zusammen: „Zehn Minuten Gespräch hier waren viel gewinnbringender, hier sind wir nah an den Menschen.“

Insgesamt ging es um die Frage „welche Perspektiven braucht die Jugend und welche Politik ermöglicht Chancen“, wie es Josef Lüttig, Vorsitzender des Ausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW zu Beginn sagte. In einer Reihe von Veranstaltungen zur Landtagswahl der Freien Wohlfahrtspflege NRW hatte die Caritas das Thema Jugend übernommen. Die hier wichtigen Aspekte sprach Lüttig gleich an mit digitaler Teilhabe und dem Übergang von der Schule in den Beruf.
Dazu waren die Folgen der Corona-Pandemie immer wieder Thema. Wolfgang Jörg (SPD), der das Format „cool“ fand, benannte die Corona-Folgen als „größte Baustelle“ der Politik. Jugendliche müssten wieder normal leben und Spaß haben können, um aus „guter Laune heraus motiviert zu sein, sich einen Beruf zu suchen.“

Alle Landtagskandidat*innen waren sich einig, dass sie dazu die Chance bekommen müssen. Im Wie und ob es sie tatsächlich für alle gibt, zeigten sich die politischen Differenzen. Während Nils Mehrer (FDP) die derzeitige Landesregierung mit 60 Talentschulen auf gutem Wege sieht und als Ziel für mehr Chancengerechtigkeit tausend Talentschulen ankündigte, hält Petra Backhoff (Bündnis90/Die Grünen) „Schule für den Ort der Bildungsungerechtigkeit schlechthin“. Viel zu früh werde hier ausgesiebt. Im Grunde beginne die Ungerechtigkeit schon mit dem Tag der Geburt.

Volkan Baran (SPD) unterstützte die Kritik: „Jede Schule muss Talentschule sein“, Er forderte eine Begleitung der Ausbildung für alle Jugendlichen, noch besser wären Bildungslotsen schon ab der Kita. Auch Schulleitungen in Talentschulen klagten über Probleme, erklärte Gönül Eglence (Bündnis 90/Die Grünen). Letztlich brauche es mehr Pädagog*innen. Notwendig ist dazu nach Auffassung von Katrin Lögering (Bündnis 90/Die Grünen) nicht zuletzt eine gleiche Bezahlung der Lehrkräfte in Grund- und weiterführenden Schulen und die Öffnung für Quereinsteiger.

Wie Anja Butschkau (SPD) forderten mehrere Kandidat*innen, dass jeder Jugendliche, auch wenn er keinen Schulabschluss habe, eine Chance auf eine Ausbildung oder zumindest Beschäftigung bekommen muss. Josef Lüttig, der Paderborner Diözesan-Caritasdirektor ist, hatte einleitend schon darauf hingewiesen, dass es dafür gute Projekte gebe. „Die dürfen nicht enden mit einer neuen Landesregierung“, mahnte er.
Dass es diese Fragen sind, die die jungen Erwachsenen umtreiben, erlebten die Landtagskandidaten hautnah. Jens Kamieth (CDU) fand es wichtig und gewinnbringend, „dass man mal eine andere Rolle annehmen muss.“ Vielfalt und Zusammenhalt seien wichtig in der Gesellschaft. Das Stichwort konnte Moderatorin Giulia Maira, Koordinatorin des Arbeitsausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW, direkt aufgreifen, um die Landtagskandidat*innen mit „Vielfalt-Socken“ und die Jugendlichen mit Kinogutscheinen zu verabschieden.

Zehn Jugendliche aus Einrichtungen der dobeq des AWO Unterbezirk Dortmund brachten sich mit in die Gespräche ein. „Für die Jugendlichen war das eine wirklich tolle Erfahrung,“ so Muna Hischma, Abteilungsleiterin Soziales des AWO Bezirksverbands Westliches Westfalen. „Sie hatten Fragen vorbereitet, die sie den Landtagsabgeordneten stellten und sie brachten sich mutig mit ihren Wünschen ein, das war großartig. Die jungen Menschen trugen maßgeblich zu dieser gelungenen Veranstaltung ein, dafür danken wir ihnen,“ betonte Hischma.

Hintergrund:
Die Pandemie hat viele bereits zuvor bestehende Probleme für Jugendliche im Bereich Übergang Schule-Beruf verschärft. Dazu reicht ein Blick auf die Zahlen am Ausbildungsmarkt oder auf die Prognose der Jugendämter in Deutschland, die eine Verdopplung der Schulabbrecher*innen auf 210.000 voraussagen.
Die Freie Wohlfahrtspflege NRW hatte deswegen im Vorfeld der Landtagswahl Politiker*innen eingeladen, mit jungen Menschen aus Einrichtungen der beruflichen Eingliederung ins Gespräch zu kommen.  Neben dem direkten Austausch zwischen Jugendlichen und Politiker*innen beteiligten sich Sozialarbeiter*innen, Fachanleiter*innen sowie Vertreter*innen der Spitzenverbände daran, um über neue Anregungen für einen gelungenen Übergang von der Schule in den Beruf zu diskutieren, der den jungen Erwachsenen Teilhabe und einen nachhaltigen Einstieg in die berufliche Erstausbildung sichert.

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